Der Begriff zeitrichtig ist falsch, phasenrichtig wäre besser.

Begründung dafür, daß der Begriff "phasenrichtig" das bisher mit
dem alten Attribut "zeitrichtig" gemeinte logisch- begrifflich
korrekt ausdrückt und das geeignete Attribut für eine neue Epoche
der exakten Schallabstrahlung ist. Zusammenfassung der Diskussion
zum Thema. die im Forum surround-sound@tonmeister.de im Zeitraum
vom 31.3.02 bis 09.04.02 ausgetragen wurde.

Kaum ein Wort im HiFi-Gebrauch ist für zeitkritische Anmerkungen
geeigneter als der Begriff der "zeitrichtigen" Wiedergabe. Von unter-
schiedlichen Leuten verschieden interpretiert, nicht in verbindlichen
Standards fixiert, mit ähnlich klingenden Attributen gern verwechselt,
bildet es den idealen Nährboden für Ungereimtheiten jeder Art und
steht der technischen Weiterentwicklung bisher hinderlich im Wege.

Wenn ein Generator ans Stromnetz geschaltet wird, müssen beide
Spannungen nach Amplitude, Frequenz und Phase übereinstimmen,
was zu einem bestimmten Zeitpunkt, wo eben diese Voraussetzungen
erfüllt sind, ein Zuschalten ermöglicht. Bei Zeit und Phase handelt
es sich um unterschiedliche Dinge, wobei Phase als sekundärer
Zeitbegriff in der Lage ist, gegenseitige zeitliche Abhängigkeiten
umfassend zu beschreiben.

Wenn unser Lautsprechersystem sinusförmige Spannungen
frequenzunabhängig weitgehend richtig überträgt, ist das korrekt
nach Betrag und wir entleihen unbewußt diesen Begriff aus der
Fouriersynthese, obwohl es sich doch um die zeitliche Darstellung
sinusförmiger Signale handelt. Zur Erinnerung: Fouriertransformation
transformiert zwischen Betrags/ Phasenbereich und Zeitbereich.
Was spricht dagegen, die Phase ebenfalls konsequenterweise für
unsere Formulierung zu verwenden und dafür das bisherige Wort
"zeit-" als bestimmenden Teil des Attributes zu streichen ?
So wird aus dem alten "zeitrichtig" der neue Begriff "phasenrichtig"

Wenn im Sinne einer vollkommenen Schallübertragung davon
gesprochen wird, daß das auf der CD vorhandene Steuersignal
akustisch korrekt nach Betrag und Phase zu übertragen ist,
versteht und akzeptiert das jeder ohne geringsten Widerspruch,
weil diese Formulierung eindeutig und damit unanfechtbar ist.

Um was es eigentlich dabei geht, läßt sich mit der Forderung
nach akustischer Übertragbarkeit rechteckfömiger Signale gut
erklären, sie lassen sich nach Fourier rechnerisch in Grund- und
Oberwellen zerlegen mit eindeutig fest definierten Phasenlagen.
y= f(x)= 4/pi*(sin(x)+ sin(3x)/3+ sin(5x)/5+... sin(nx)/n).

Zwischen Grundwelle und Oberwellen, sowie zwischen den
Oberwellen untereinander, herrschende Phasenbeziehungen
müssen eingehalten werden, wenn das Signal nicht verfälscht
werden soll, die Gruppenlaufzeit als Differentialquotient Phase
nach Frequenz muß folglich breitbandig Null oder konstant sein.

In der Fachliteratur sind zur Erfassung dieses Sachverhaltes die
beiden Begriffe phasenrichtig und phasenlinear üblich. Dabei kann
das letztere zu Irritationen führen, weil es den Glauben erweckt,
die Phase dürfe linear, also proprtional der Frequenz steigen.
Das wäre falsch, da im Zusammenhang eindeutig gefordert wird,
daß der Phasenverlauf frequenzabhängig Null oder konstant ist

-> der Begriff phasenrichtig erklärt die Sache korrekt.

Zur fehlerfreien akustischen Abbildung mäanderförmiger Signale
ist es nötig, neben dem Betrag das gegenseitige phasenmäßige
Beziehungsgeflecht korrekt zu übertragen. Wenn also Grund-
welle mit ihrem Anstieg gerade durch den Nullpunkt läuft, soll
die 3. Harmonische ebenfalls mit ihrem Anstieg gerade durch den
Nullpunkt laufen, die 5., 7., 9. Harmonische ebenfalls auch usw.

Ein anderes Beispiel ist das Grillenzirpen, welches sich durch ein
sägezahnförmiges Signal beschreiben läßt, die Fourier- Reihe ist
y= f(x)= 2/pi*(sin(x)+ sin(2x)/2+ sin(3x)/3+sin(4x)/4+...sin(nx)/n).
Auch hier müssen zur korrekten akustischen Reproduktion die
Harmonischen in fest definierten Phasen- und Größenverhältnissen
zur Grundwelle stehen. Die Frequenzdarstellung periodischer
Schwingungen, ergibt ein Linienspektrum, wobei ihre Beträge
durch Koeffizienten der Fourierreihe gegeben sind.

Aber auch Musik besteht aus einem Gemisch unterschiedlicher
Frequenzen verschiedener Amplituden bestimmter phasenmäßiger
Beziehungen zueinander, es ist in der Summe ein Betrags- Phasen-
Beziehungsgeflecht, welches korrekt unser Ohr erreichen soll. Das
Signal einer Turmglocke muß für korrekte Wiedergabe nach Betrag
und Phase richtig sein, eingeleitet zum Zeitpunkt des Starts.

Die zeitlichen Bezüge zu Start, Ende eines Titels bleiben bestehen,
aber während der Abspielzeit ist das Signal zur Einhaltung des Phasen-
geflechts akustisch korrekt nach Betrag und Phase zu übertragen.
Wenn also ein Solist seinen Einsatz um 2 s verpaßt, hat das weiter
zeitlichen Bezug, wenn unser Ohr Differenzsignale im zeitlichen
Abstand von 20 Mikrosekunden noch unterscheiden kann, auch
oder wenn das Signal durch DSP-Entzerrung um 7 ms versetzt ist..
Es geht nur darum, das auf dem Tonträger vorhandene Steuersignal
nach Betrag und Phase korrekt akustisch überzeugend nachzubilden.
Das menschliche Ohr kann aber weder Betrag noch Phase hören,
sondern eine zeitkontinuierliche Richtungs-, Lautheits- und Raum-
information, also Luftdruck- Schwankungen in vorgegebener Folge.
Genau die wollen wir vom Lautsprecher exakt so umgesetzt haben,
wie sie als originäres Schallereignis ursprünglich aufgetreten sind.

Das menschliche Ohr ist subjektiv beeinflußbar und selbst die besser
als andere Testgruppen hörenden Tonmeister nehmen sich von dieser
Feststellung nicht aus. Das unterstreicht, daß die Forderung nach
einheitlichen Begriffen und objektiv wirkenden technischen Beurtei-
lungsverfahren gerechtfertigt und dringend notwendig ist.

Eine vom Monomedia-Verlag zum Begriff unter Spitzenleuten der
HiFi-Branche gestartete Umfrage zeigt stark differierende Aussagen,
an denen der bisherige irritierende Begriff zeitrichtig seinen Anteil hat.
Es gab viele Wortmeldungen mit allerlei Schattierungen, aber keine
einheitliche Linie.  ->  www.monomedia.de  ->  zeitrich~1.pdf.

Korrekte akustische Wiedergabe im Sinne des Gemeinten muß
also nach Betrag und Phase richtig sein. Die Einhaltung des Ampli-
tudenfrequenzganges ist zwar wichtiges Bewertungskriterium, aber
bei dieser Betrachtung zur Begriffswahl nicht weiter erwähnenswert.
Dagegen ist eine Diskussion um ein passendes Wort, welches den
Phasenverlauf charakterisiert, durchaus angemessen, da es eine neue
Lautsprechergeneration ganz entscheidend prägt, .

Aber wer maßt sich schon an, das heute bereits überzeugend zu
können, wo doch Mehrkanalsysteme den Hörbereich einschränken ?
Wer in Zukunft behauptet, seine Anlage sei in der Lage zur akustisch
korrekten Reproduktion der Audiosignale, wird das mit einem dafür
zu erstellenden Nachweisverfahren technisch erst zu beweisen haben.

Nötig wird das schon deshalb, weil unser Ohr durch seine subjektive
Beeinflußbarkeit nicht mehr eindeutig in der Lage ist, die einzelnen
Konzepte zuverlässig qualitativ zu differenzieren, es kann nicht mehr
eindeutig zwischen "Gut und Böse" unterscheiden.

Es macht wenig Sinn, viele Konzepte nebeneinander zu dulden, von
denen jedes einzelne das alte Attribut zeitrichtig für sich in Anspruch
nimmt, ohne das wirklich beweisen zu können. Ob nun Elektrostaten,
Dicks DDD, übertragerlose Bändchenhochtöner, Biegewellenwandler
oder DSP-gestützte dynamische Chassis, alle können doch nur nach
einheitlichen objektiven Prüfbedingungen gegeneinander gewichtet
werden und so den Anspruch auf "phasenrichtige" Wiedergabe erst
technisch begründen

Deshalb sollten in Zukunft technisch wirkende Bewertungsverfahren
zumindest im Vorfeld diese Anspüche mit Ergebnissen begründen.
Dazu sind mäanderfömige Rechteckschwingungen angeraten über
einen noch festzulegenden Frequenzbereich,  der sich vom unteren
bis zum mittleren Hörbereich erstreckt und dessen Werte gestuft
sind im Verhältnis 2: 1. Dadurch wird gewährleistet, daß der gesamte
Übertragungsbereich des Lautsprechers systematisch und lückenlos
nach korrektem Übertragungs-Verhalten durchkämmt wird.

Das dabei zu erwartende Ergebnis kann schon heute mittels
oszillografischer Darstellung abgeschätzt werden aus dem Vergleich
der Abweichung des akustisch aus 1 m Entfernung bei 1 W im
schalltoten Raum reproduzierten Signals mit dem Prüfsignal.
Unter vereinfachenden Bedingungen ist diese Bewertung unter
normalen Raumbedingungen im Lautsprecher- Nahfeld möglich.

Vorbeugend möchte ich noch einmal nachhaltig betonen, daß es im
Interesse der Sache auf die Einhaltung phasenmäßiger Beziehungen
des akustischen Signals in sich und nicht auf den Bezug zu der am
Lautsprecher anliegenden Steuerspannung oder ähnliches ankommt.

Das bisher im Zusammenhang teilweise gebräuchliche alte Attribut
"zeitrichtig" wird verworfen und damit verbundenen verfälschenden
Erklärungen, Ausflüchten und Fehlinterpretationen ein Ende gesetzt.
Das Wort "phasenrichtig" wird favorisiert, es erklärt die Sache völlig
korrekt, wenn es darum geht, akustische Ereignisse genau zu repro-
duzieren, es vermeidet bisher unvermeidbare begriffliche Irritationen.

Dipl.-Ing. (FH) Kurt Vogel